Mit 01.01.2021 ist in Salzburg das neue Sozialunterstützungsgesetz (SUG) in Kraft getreten, mit dem das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz des Bundes näher ausgeführt wird. Das Ausführungsgesetz des Landes wurde bereits in seiner Begutachtungsfrist – genauso wie das Grundsatzgesetz – von einigen Organisationen (z.B. Salzburger Armutskonferenz) für die drohenden Verschärfungen und die negativen Auswirkungen im Bereich der Armutsbekämpfung stark kritisiert.

Alarmierend sind die ersten Bilanzen, die sowohl von Sozialinstitutionen als auch der Sozialabteilung der Stadt Salzburg nach den ersten Monaten Sozialunterstützung gezogen wurden. Daraus geht hervor, dass verschiedene Gruppen von Sozialunterstützungsbezieher*innen empfindliche Leistungseinbußen hinnehmen müssen. Besonders betroffen sind dabei Kinder, denen aufgrund unterschiedlicher Änderungen die Unterstützung auf 60 Prozent dessen zusammengestrichen wird, was bis vor kurzem noch durch die Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) geleistet wurde.

Für eine Vielzahl der Leistungsbezieher*innen besonders empfindlich wirkt sich die nunmehrige Berücksichtigung der Sonderzahlungen (Weihnachts- und Urlaubsgeld) in das anzurechnende Einkommen aus. Die Änderungen bei der Anrechnung der Wohnbeihilfe als Einkommen führen zu erheblichen Einbußen und in vielen Fällen sogar zu einem Leistungsverlust beim Wohnaufwand.

Es wurden aber auch einige verfahrensrechtliche Stolpersteine eingeführt: Wohnungslose Menschen sind zum Beispiel massiv von der Neuregelung betroffen, da nun sowohl eine Meldeadresse als auch der tatsächlich dauernde Aufenthalt im Land Salzburg konkret nachgewiesen werden müssen. Bei erstmaliger Antragstellung ist der Leistungsbezug erst ab dem Tag der Antragstellung möglich. Wer also zum Beispiel erst Mitte des Monats den Antrag beim Sozialamt einbringt, verliert für die erste Monatshälfte den Anspruch und erhält keine Leistung. Strom- und Heizkosten müssen exakt aufgeschlüsselt werden, eine pauschalierte Erfassung wie früher ist nicht mehr möglich.

Gerade für vulnerable Gruppen, beispielsweise wohnungslose Menschen oder Menschen mit psychischen Erkrankungen, stellen administrative Anforderungen und Regeln oftmals schwer zu überwindende Hürden dar. Gerade diese Personengruppen sind jedoch dringend auf die Sozialunterstützung angewiesen.

In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass Personen, die aus dem Leistungsbezug fallen, auch nicht mehr über das SUG krankenversichert werden können. Notwendige medizinische Behandlungen können dann möglicherweise nicht durchgeführt werden oder führen zu Verschuldung. Die Liste der zusätzlichen Anforderungen und der Herabsetzung oder Streichung einzelner Leistungen könnte an dieser Stelle noch weiter fortgesetzt werden.

Der Runde Tisch Menschenrechte weist darauf hin, dass ein wirksamer Schutz der Grund- und Menschenrechte einen effektiven Schutz vor Armutsgefährdung bedeutet und umgekehrt.  Die Stadt Salzburg hat sich in der Europäischen Charta für den Schutz der Menschenrechte in der Stadt dazu verpflichtet, eine faire Sozialpolitik zu entwickeln, die Ausgrenzung ablehnt, sowie die Menschenwürde und Gleichberechtigung aller zum Ziel hat. Das nunmehr zu vollziehende SUG steht in einem diametralen Gegensatz zu einer menschenwürdigen Sozialpolitik, was im Ergebnis auch eine massive Beeinträchtigung mehrerer in der Verfassung festgelegter Grund- und Menschenrechte bedeutet (zum Beispiel der Anspruch des Kindes auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung, das Recht auf Gesundheit im Zusammenhang mit dem Zugang zur Krankenversicherung und unbürokratischer finanzieller Hilfe oder das Recht auf Bildung).

Daher fordert der Runde Tisch Menschenrechte, dass sowohl der Bund als auch die Länder sich zu einer gerechten Sozialpolitik bekennen und die neue Sozialunterstützung zügig repariert wird, damit zumindest auf dem Niveau ehemaliger Mindeststandards ein menschenwürdiges Leben der Bezieher*innen möglich ist. Wir empfehlen vorab dem Land Salzburg die Möglichkeit, den im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz bestehenden Spielraum hinsichtlich der Höhe der Richtsätze für Kinder zu nutzen und hierüber einen Ausgleich für die bestehenden Leistungskürzungen vorzunehmen.

Mag.a Johanna Fellinger, Mag. Norbert Krammer und DSA Christian Treweller für den Runden Tisch Menschenrechte der Stadt Salzburg