Dem Gemeinderat liegt der Entwurf eines Amtsberichtes der Sozialabteilung über die Veränderung der Aufnahme in den Seniorenwohnhäusern der Stadt Salzburg vor. Gemäß Vorschlag sollen die Aufnahme- und Zuweisungskriterien für die städtischen sowie privaten Seniorenwohnhäuser mit Zuweisungsrecht der Stadtgemeinde Salzburg verschärft und damit wie folgend abgeändert werden:

• Vollendung des 65. Lebensjahres
• Berechtigung für dauernden Aufenthalt in Österreich
• Hauptwohnsitz seit mindestens zwei Jahren in der Stadt Salzburg. Diese Voraussetzung kann aber durch einen „historischen Meldezettel“ – Nachweis von insgesamt 30 Jahren Hauptwohnsitz in der Stadtgemeinde Salzburg – ersetzt werden.
• Pflegegeld-Bezug der Stufe 3
• Bei fehlender Entscheidungsfähigkeit muss eine Erwachsenenvertretung oder eine Vorsorgevollmacht vorhanden sein
• Bekanntgabe der Hausärztin /des Hausarztes, der auch im Seniorenwohnhaus die betreuende Behandlung übernimmt
(vergleiche Entwurf Amtsbericht)

Der Runde Tisch Menschenrechte empfiehlt, die neuen Aufnahmekriterien jedenfalls kritisch zu reflektieren und nach Erfordernissen anzupassen. Beispielsweise betrifft die Anhebung des Mindestalters laut Amtsbericht nur knapp ein Dutzend Senior*innen, die aber durch den Ausschluss und der vorhandenen Pflegebedürftigkeit keine Alternative zur Verfügung haben. Auch die Voraussetzung von drei Jahrzehnten bei der historischen Meldezettel-Alternative erscheint doch sehr weitreichend und angesichts der mobilen Gesellschaftsstruktur zu weitgehend.
Die zwingende Bestimmung in Bezug auf die Organisation hausärztlicher Betreuung durch die zukünftige Bewohner*in sollte jedenfalls um die bereits im Sozialausschuss angesprochene
Unterstützung durch das Seniorenwohnhaus ergänzt werden. Der Passus über die erforderliche Erwachsenenvertretung bzw. Vorsorgevollmacht muss
gestrichen werden, er ist inhaltlich unklar und nicht in Übereinstimmung mit dem 2. Erwachsenenschutzgesetz. Die Entscheidung über eine gerichtliche Erwachsenenvertretung
wird nach einem genau geregelten Verfahren durch Beschluss des unabhängigen Gerichts getroffen und kann nicht als Aufnahmekriterium festgelegt werden.

Ausgeschlossen von einer Aufnahme in einem Seniorenwohnhaus sollen zukünftig Personen werden, bei denen die Seniorenberatung eines der im Amtsbericht aufgelisteten Krankheitsbilder feststellt:

• Menschen im Wachkoma
• Intensiv-medizinisch betreute Menschen
• Menschen mit bestehenden Alkohol- und Drogenmissbrauch
• Menschen mit herausfordernden und verhaltensauffälligen psychiatrischen
Krankheitsbildern mit erhöhten Aggressionsverhalten, sowie akuter Fremdgefährdung
(z.B. Korsakow-Demenz, schwere Psychosen, paranoide Schizophrenie)
• Geistig abnorme Rechtsbrecher
(vergleiche Entwurf Amtsbericht)

Zu der Auflistung muss grundsätzlich angemerkt werden, dass die Beschreibung der Krankheitsbilder fachliche Bestimmtheit vermissen lässt und so willkürlichen Entscheidungen
Vorschub leistet. Ein völliger Ausschluss von ganzen Personengruppen, die offensichtlich einer intensiven Betreuung und teilweise auch Pflege bedürfen, ist menschenrechtlich sehr bedenklich und gesellschaftspolitisch ein katastrophal Zeichen der Entsolidarisierung, da die Stadt Salzburg beabsichtigt, diese Personen zukünftig nicht mehr aufzunehmen, obwohl keine Alternativen
geschaffen oder geboten werden. Alternativen könnten in besserer Personalausstattung oder aber auch in zusätzlichen Angeboten geschaffen werden. Diese Herausforderung bedarf gemeinsamer Anstrengungen von Stadt und Land Salzburg.

Der Runde Tisch Menschenrechte Salzburg rät daher dringend zu einer umfassenden Überarbeitung der vorgesehenen Abänderung der Aufnahme- und Zuweisungskriterien. Die Stadt Salzburg hat im Dezember 2008 die „Europäische Charta für den Schutz der Menschenrechte in der Stadt“ unterzeichnet und damit haben Politik und Verwaltung auch die daraus abzuleitenden Verpflichtungen übernommen. Daher weisen wir in Zusammenhang mit den bisherigen Ausführungen besonders auf Artikel II, Prinzip der Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung, sowie Artikel IV, Schutz der schwächsten und verletzlichsten Bevölkerungsgruppen und Einzelpersonen, hin.

Reinhard Klaushofer, Norbert Krammer, Christian Treweller
Für den Runden Tisch Menschenrechte der Stadt Salzburg